Winkeldämpfung für die BEMFV-Erklärung?

Bei der BEMFV-Anzeige, insbesondere von UKW-Antennen mit mäßigem bis hohem Gewinn, steht man schnell vor der Frage, wie groß der standortbezogene Sicherheitsbereich auszuweisen ist. Verwendet man die Fernfeldberechnung beispielsweise für eine 4-Element Yagi Uda Antenne mit 8.2dBi Freiraumgewinn und 100W Speisepunktleistung, so erhält man einen erforderlichen Schutzabstand von 5,02m. Befindet sich die Antenne auf einem Mast, in einer Höhe von 4m, so reicht der erforderliche Schutzabstand nach dieser Rechnung bis auf den Boden.

"Na und?", höre ich nun den einen oder anderen OM sagen, die obige Rechnung ist ja auch falsch, schließlich ist die Winkeldämpfung unberücksichtigt geblieben. Das stimmt. Die Rechnung ist falsch und die sogenannte Winkeldämpfung wurde in der obigen Rechnung nicht berücksichtigt.

Winkeldämpfung? Was ist das eigentlich? Die Winkeldämpfung wird, soweit sie in den gängigen Programmen zur BEMFV-Anzeige überhaupt unterstützt wird, aus dem vertikalen Freiraumfernfeldstrahlungsdiagramm der Antenne abgeleitet. Das vertikale Freiraumfernfelddiagramm der oben genannten 4-Element Yagi Uda sieht so aus:

Die Winkeldämpfung ist nun nichts anderes, als die radiale (daher der Name) Dämpfung bezogen auf den maximalen Fernfeldgewinn in dB. So weit, so einfach.

Das oben gezeigte vertikale Freiraumfernfelddiagramm besagt, dass in der 0°/180°-Richtung der Antennengewinn 7,99dB weniger ist, als in der Hauptstrahlrichtung bei 90° mit 8,2dBi (diesen Bereich habe ich durch die "rosa" Bounding-Box markiert). Der berechnete Schutzabstand für 90°, bei 100W im Speisepunkt der Antenne und einem Grenzwert von 28V/m sind die oben schon angegebenen 5,02m (90°) aber nach der Winkeldämpfung im Bereich direkt unter der Antenne nur rund 2,00m (bei -180°, resultierend aus 8,2dBi - 7,99dB = 0,21dBi). Somit wäre, nach der Winkeldämpfung argumentiert, im Bereich 0m bis 2m Höhe unter der Antenne alles iO. Es würde also genügen, die Antenne um einen Meter höher, also auf einem 5 Meter hohen Mast unterzubringen, wenn man z.B. auf einem Fieldday diese Antenne nur so anbringen kann, dass Besucher unkontrolliert darunter herlaufen können und man vom Boden aus einen Freiraum von 3m freihalten will.

Nur, stimmt das so? Kann man das wirklich so einfach rechnen? Wer diesen Text bis hierhin geduldig gelesen hat, wird die Antwort vermutlich schon kennen: Vermutlich stimmt das so nicht...

Berechnet man für die obige Antenne mit einem Antennensimulationsprogramm das Nahfeld über Boden, so ist von dem schönen Freiraumdiagramm nicht mehr viel übrig. Das Diagramm sieht nun aus, wie "ein geplatztes Sofakissen" (Danke, Norbert, für diese nette Beschreibung!):

In obigem Nahfelddiagramm sieht man die Antenne von der Seite: die vier weißen Punkte sind die Antennenelemente. Blau (H-Feld), Orange (E-Feld), bzw. Weiß (H+E-Feld) sind die Bereiche markiert, die den zulässigen Personenschutzgrenzwert unter der Antenne verletzen. Dieser Bereich ist zusätzlich mit einer roten Linie umschlossen, welche einen Sicherheitsabstand von 3dB zum eigentlichen Personenschutzgrenzwert aufweist (diese 3dB sind die Messtoleranz der BNetzA und sind prinzipiell zu unseren Ungunsten anzunehmen). <strong>Der benötigte Schutzabstand reicht bis zum Boden hinab! Der mit der Winkeldämpfung berechnete Schutzabstand wiegt uns also in trügerischer Sicherheit</strong>

Die Verwendung von Winkeldämpfungen zur Personenschutzabstandsberechnung (ich liebe Deutsch, vielleicht bekomme ich noch längere Wörter hin...) ist wie aus den obigen Bildern zu sehen ist, nicht sinnvoll. Zumindest nicht dann, wenn die Dämpfungsdaten aus Freiraum-/Fernfelddiagrammen entnommen sind und man damit Personenschutzabstände bestimmen möchte. Wurden die Dämpfungsdaten aus einer Nahfeldberechnung bestimmt, so spricht nur gegen ihre Verwendung, dass man die Nahfelddaten dann auch direkt benutzen kann, um die Schutzabstände zu bestimmen. Ich persönlich rate von der Verwendung von Winkeldämpfungen zur Bestimmung von Personenschutzabständen daher ausdrücklich ab.